Ana da Silva Miguel, Sängerin und Mutter von zwei kleinen Kindern, war enttäuscht. Sie verstand nicht, warum in einem Angola – einem Land mit so viel Potenzial – derart viele Menschen in Armut leben müssen. Genervt vom Mangel an Schulen, Arbeitsplätzen und Entwicklungsperspektiven startete sie einen TikTok-Kanal und wurde zu «Neth Nahara».  

Auf TikTok gewann sie dank ihres Humors und ihrer deutlichen Meinung schnell Tausende Follower*innen. Sie ermutigte Frauen, sich zu bilden und unabhängig zu werden. Ausserdem sprach sie offen über ihre HIV-Infektion, teilte Gesundheitstipps und machte anderen HIV-Infizierten Mut.  

Im August 2023 kritisierte Neth Nahara den Präsidenten João Lourenço auf ihrem TikTok-Kanal. Schon am nächsten Tag wurde sie in ihrem Haus in der Hauptstadt Luanda festgenommen. Ein Gericht verurteilte sie daraufhin zu zwei Jahren Haft. Erst auf wiederholtes Bitten ihrer Anwälte erhielt sie die notwendigen Medikamente, um ihre HIV-Infektion zu behandeln. Diese waren ihr monatelang verweigert worden.  

Während der Covid-Pandemie waren grosse Teile der angolanischen Bevölkerung auf die Strasse gegangen, um ihre Unzufriedenheit mit dem Präsidenten zum Ausdruck zu bringen. Daraufhin war ein umstrittenes Gesetz verabschiedet worden, das die «Beleidigung» des Präsidenten unter Strafe stellt. Dieses Gesetz wurde nun gegen Neth angewandt, denn die angolanischen Behörden nutzen es, um kritische Stimmen wie die ihrige zum Schweigen zu bringen.